Donnerstag, 26. Mai 2011

Vor 25 Jahren: Klassische Stuten

Nach zwei Wochen Rennbahnabstinenz freue ich mich schon jetzt sehr, dass sich dieser Zustand ohne grünen Rasen in den kommenden zehn Tagen gründlich ändern wird. Bilder und Videos sowie Rennbahnberichte (egal wie lebendig geschrieben) können das Live-Erlebnis eben einfach nicht ersetzen. Eine der Rennbahnen, die ich am Wochenende aufsuchen werde, ist natürlich am Samstag meine Heimatbahn in Mülheim an der Ruhr, die ich schon seit meiner Kinderzeit gut kenne. Hier ist mir fast jede Ecke vertraut - dachte ich zumindest... bis ich am vergangenen Renntag durch die beharrliche Einladung (man könnte es auch 'liebevolles Kidnapping' nennen) einer lieben Freundin, die dort regelmäßig zu tun hat, nach dem letzten Rennen mit in den Presseraum kommen durfte.

Nun weiß ich natürlich nicht, wie die Presseräume anderswo aussehen, aber sobald ich die Mülheimer Variante betreten hatte, bekam ich große Augen und konnte mich nur staunend immer wieder um die eigene Achse drehen. Der Grund? Nun, an den Wänden des Mülheimer Presseraums finden sich als Dekoration jede Menge hervorragender Fotos der Siegerinnen im Preis der Diana, seit dieser Stutenklassiker am Raffelberg ausgetragen wurde. Diese Ära begann 1948, nachdem das ursprünglich in Berlin beheimatete deutsche Gegenstück zu den englischen Oaks nach dem Zweiten Weltkrieg über eine kurze Zwischenstation in Düsseldorf quasi direkt vor meiner späteren Haustür landete. Seit 2003 ist auch diese Zeit leider, leider vorbei, denn der Preis der Diana wird nicht mehr hier, sondern nun (wieder) auf dem Grafenberg ausgetragen, wo er zweifellos eine würdige Heimat gefunden hat. Und trotzdem - es fehlt mir, dieses große Rennen, das in jedem Jahr ein Fixpunkt der Saison auf meiner Heimatrennbahn war.

Volles Haus am Raffelberg -
so habe ich aus meiner Kindheit die Diana-Renntage in Erinnerung


Kaum einen Preis der Diana habe ich verpasst, seit ich etwa im Grundschulalter war. Und so rief das Betreten des Presseraums in mir eine Fülle herrlicher Erinnerungen wach, denn hier waren sie alle vertreten, diese großartigen dreijährigen Stuten, die jeweils in ihrem Jahrgang an einem bestimmten Tag Ende Mai oder spätestens Anfang Juni die Besten waren. 

Bei Friedrichsruhs Sieg 1977 soll ich dabei gewesen sein, so wurde mir immer erzählt, und auch Leticias Triumph in den Fährhofer Farben 1980 muss ich wohl gesehen haben, selbst wenn mir hier die eigenen Erinnerungen fehlen. Ganz anders ist dies im Hinblick auf den Doppelsieg des ohnehin in diesem Rennen sehr erfolgreichen Stalls von Trainer Sven von Mitzlaff in den Jahren 1982 und 1983 mit Ultima Ratio und Novelle. Und dann war da am Ende meiner Grundschulzeit kaum einen Hufeisenwurf von der Rennbahn entfernt der kuriose Ausgang mit dem toten Rennen zwischen Las Vegas und Slenderella 1984. Später wurde sogar ein Vorbereitungsrennen nach diesen beiden Unzertrennlichen benannt, für die auf dem Geläuf spontan die Siegerschleife mit einer Schere geteilt werden musste.

Noch mehr Stuten fallen mir ein: Die fantastische Majorität 1987, dann 1988 die Diana-Siegerin mit dem wohl romantischsten Namen in der Siegerliste: Alte Zeit. Highness Lady, Martessa, Longa, Arkona aus dem in dieser Saison wieder so erfolgreich operierenden Gestüt Ebbesloh, dann 1994 die tolle Risen Raven, die ihrem Namen optisch alle Ehre machte und mich vom Führring bis zum Ziel begeisterte.
Meine Highlights unter all diesen vielen Rennen fallen aber in die zweite Hälfte der 1990er Jahre und begannen mit dem Diana-Erfolg der von mir sehr bewunderten Centaine. 


Centaines Diana-Sieg 1995


Sie hatte ich schon im Vorjahr bemerkt, als sie im Preis der Winterkönigin 1994 gute Vierte geworden war, und in mein Herz geschlossen. Wie immer, wenn ich mich in ein Pferd "verguckt" hatte, begeisterte mich ihr Sieg besonders, und so macht es mich auch sehr traurig, ausgerechnet heute beim Recherchieren diese aktuelle Nachricht auf der Website des Gestüts Itlingen zu finden, wo Centaine bei den Besitzern, für die sie seinerzeit auch den Preis der Diana gewann, als Zuchtstute stand:


Zumindest ich werde Centaine nie vergessen, denn für mich war sie neben Que Belle und Flamingo Road diejenige Diana-Siegerin, die ich am meisten mochte. Beeindruckend war auch der Sieg von Elle Danzig 1998, auch wenn ich dem Pferd selbst eher wenig abgewinnen konnte. Im Jahre 2002 habe ich dann meinen letzten Preis der Diana am Mülheimer Raffelberg miterlebt, in dem die großartige Salve Regina "meiner" Midnight Angel knapp das Nachsehen gab. 

Und im Presseraum sind sie und viele weitere Diana-Siegerinnen alle gewürdigt. Großformatiges Foto reiht sich hier an großformatiges Foto, mehrere Reihen unter- und übereinander, so dass drei Wände beinahe komplett gefüllt sind. Und da es eigentlich viel zu viele Namen sind, um sie in einem einzigen Beitrag zu würdigen, habe ich mich im vergangenen Jahr entschieden, einfach mal mit einer Stute anzufangen, die zur Diana-Siegerin avancierte. Mehr von ihnen werden sicher nach und nach folgen, aber die Geschichte der Stute, die das große Rennen 1985 gewinnen konnte, ist in der Tat außergewöhnlich. Es ist die Geschichte von Padang... 


Es war einmal vor 25 Jahren

Es ist sicher nicht von der Hand zu weisen, dass der eine oder andere Besucher mit etwas Hintergrundkenntnis an großen Renntagen mit sportlich anspruchsvollen Rennen auch deshalb auf die Rennbahn geht, weil er eben die bereits etablierten Stars bewundern möchte. In der Tat ist es schon ein ganz besonderes Gefühl, vor einem Grupperennen im Führring die vierbeinigen Helden an sich vorbeiziehen zu sehen und mit anderen Beobachtern darüber zu spekulieren, welches der Pferde sich im bevorstehenden Wettkampf eine weitere Auszeichnung holen wird. Manchmal – recht oft sogar – gewinnen ja dann auch die gemeinten Favoriten, die bereits früher auf der Rennbahn für Furore gesorgt haben, und der Zuschauer kann mit einem zufriedenen Grinsen feststellen, dass er diesen Sieg doch irgendwie schon vorausgeahnt hat.

Manchmal aber... ja, manchmal kommt es auch in den ganz großen, selbst in den klassischen Rennen zu einem verblüffenden Zieleinlauf, den so eigentlich kaum jemand auf der Rechnung hatte. So mag es dem einen oder anderen Rennbahnbesucher auch am 26. Mai 1985 gegangen sein, als der Preis der Diana entschieden worden war. Dass die Siegerin Padang heißen würde, dass es sich zudem um eine Stute handeln sollte, die in dieser großen Prüfung überhaupt erst ihren zweiten Lebensstart absolvierte und als noch siegloses Pferd in die Boxen einrückte, war so eindeutig nicht vorauszusehen. Überhaupt hatte vor dem Start des Rennens rein nach Papierform nicht so besonders viel auf Padang hingedeutet.

Einzig die Tatsache, dass es sich bei ihr um eine Fährhoferin handelte und somit um eine weitere Repräsentantin der in jener Saison 1985 dank Acatenango, Lirung und Abary sensationell erfolgreichen gelb-schwarzen Rennfarben, mochte vorab für sie gesprochen haben. Insgesamt aber hatten die Wetter kaum mit Padang gerechnet, deren Erfolg locker und leicht mit sicher fünf Längen Vorsprung zustande kam. Es war quasi eine Traumkarriere, die die Fährhoferin da auf den Rasen der Mülheimer Galopprennbahn gezaubert hatte. Ihrem Sieg haftete schon etwas Märchenhaftes an, zumal es ihr einziger Lebenssieg bleiben sollte. Fünfmal kam Padang überhaupt nur an den Start, und ausgerechnet im größten Rennen ihres Lebens fand sie zu perfekter Form, wurde klassische Siegerin und durfte sich laut Album des Rennsports als „souveräne Königin“ unter den deutschen Stuten betrachten.

Ähnliche Großtaten gelangen ihr anschließend nicht mehr. Ein Ehrenplatz im Listenrennen hinter Kleopatra, die sie zuvor im Preis der Diana noch locker auf Abstand gehalten hatte, ist positiv zu verbuchen, aber danach lief bei zwei weiteren Starts nicht mehr viel zusammen. Sei’s drum – Padang war eben genau in jenem Moment topfit gewesen, in dem es wirklich darauf ankam, und so wurde sie unter Jockey Georg Bocskai zur Diana-Siegerin des Jahres 1985.

Dass ich in unmittelbarer Nähe zur Mülheimer Rennbahn aufgewachsen bin, habe ich ja schon mehrfach erzählt. Und auch wenn außer meinem Onkel niemand in meiner Familie viel Interesse am Rennsport entwickelte, gab es doch einen festen Termin für einen Familienausflug zum Raffelberg, der eigentlich in keinem Jahr ausgelassen wurde. Der Preis der Diana gehörte zum Pflichtprogramm, gerne mit Kind, Kegel und Picknicktasche. Mir war es recht, denn ich hatte – obwohl erst zehn Jahre alt – das Rennen des Vorjahres noch in bester Erinnerung, als es zwischen Las Vegas und Slenderella so knapp gewesen war, dass selbst das Zielfoto die beiden Stuten nicht klar voneinander trennen konnte und darum auf dem Geläuf die Siegerschleife für die doppelte Ehrung kurzerhand geteilt wurde. Irgendwie hatte ich wohl gehofft, dass es wieder ähnlich spannend werden würde, aber meine Favoritin hieß (wir hatten das Thema „Ägypten“ gerade in der fünften Klasse in Geschichte behandelt) eindeutig Kleopatra. Die allerdings hatte an jenem Tag Ende Mai 1985 in Mülheim nichts mit der engeren Rennentscheidung zu tun und sollte sich erst im weiteren Verlauf der Saison wieder von besserer Seite präsentieren.

Der Triumph am Raffelberg gehörte allein Padang, deren Hintergrundgeschichte sie zwar wahrlich nicht zur Favoritin gestempelt hatte, ihren Sieg aber doch auch wieder zu etwas Besonderem machte, denn immerhin war sie noch sieglos angetreten, obwohl sie schon einmal in einem Rennen – eben bei ihrem ersten Lebensstart im März 1985 – als erstes Pferd im Ziel gewesen war. Dieser Sieg im Kugelbrunnen-Rennen in Köln, der hochüberlegen mit einer Weile Vorsprung ausgefallen war, war ihr allerdings nachträglich wieder aberkannt worden, weil sie – wie man heute sagen würde – bei einer Dopingkontrolle negativ aufgefallen war. Es wurde ein entzündungshemmendes Medikament festgestellt, woraufhin Padang disqualifiziert und mit einer Startsperre belegt wurde. Durch eben diese Startsperre, die sage und schreibe erst vier Tage vor ihrem Diana-Sieg endete, war der Fährhoferin jede Chance genommen, vorher noch einmal unter Beweis zu stellen, dass sie auch ungedopt sehr gut laufen konnte. Auch das Sammeln weiterer Routine schied somit aus, und deshalb kam es zu jener ungewöhnlichen Entscheidung, ein noch siegloses Pferd gleich beim zweiten Versuch in das Rennen aller Rennen für dreijährige Stuten zu entsenden. Dieser unorthodoxe Mut hat sich für Trainer Heinz Jentzsch und die Besitzer Padangs vom Gestüt Fährhof reichlich ausgezahlt.

War Padang nun auch wirklich die beste Stute ihres Jahrgangs? Das wohl eher nicht... Andere im Preis der Diana noch geschlagene Pferdedamen wie etwa ARAG-Preis-Siegerin Grimpola, die Zoppenbroicherin Kaiserstadt und „meine“ Favoritin Kleopatra waren ihr wohl zumindest ebenbürtig, so dass die einschlägigen Prüfungen für dreijährige Stuten in der Saison 1985 ein uneinheitliches Bild abgeben. Mal gewann die eine, dann war wieder die andere Stute vorne. Wenn sie auf Gäste aus dem Ausland trafen, mussten die deutschen Starterinnen teils empfindlich zurückstehen – ein Los, das 1985 nicht nur die Diana-Siegerin Padang traf. So war es wohl auch nur folgerichtig, dass sie nach jenem Jahr aus dem Rennstall genommen wurde und im Gestüt Fährhof die Mutterstutenherde bereicherte. Der ganz durchschlagende Erfolg unter ihren Nachkommen, von denen der 1990 geborene Penol neben dem Ausgleich-I-Pferd Pacon (*1993) wohl der Beste war, blieb aber aus. Vermutlich wurde Padang deshalb Mitte der 1990er Jahre an Dr. O. Herminghaus verkauft, für den sie 2004 auch das letzte Fohlen brachte.


Padangs Geschichte ist nur eine von vielen anderen Diana-Geschichten, die man erzählen könnte. Eigentlich, ja... eigentlich sollte es ein Buch über diese tollen Stuten und über die wechselvolle Geschichte des Rennens an sich geben, ähnlich vielleicht wie das wunderbare Derby-Buch. Das wäre doch mal eine Idee! 

Montag, 23. Mai 2011

Vor 25 Jahren: Vom Glück nicht verfolgt...

Gestern wurde ein kleines Menschlein, das mir viel bedeutet, getauft, und weil dieser wichtige Tag in ihrem Leben natürlich gebührend gefeiert wurde, war ich nicht live auf der Rennbahn dabei, als sich in Köln-Weidenpesch am Nachmittag nicht nur die Himmelsschleusen, sondern auch die Boxen zur diesjährigen Auflage des Mehl-Mülhens-Rennens öffneten. Wer gewonnen hatte, war gestern ausnahmsweise erst einmal Nebensache – dafür interessierte ich mich dann abends nach der Feier wieder. 


Einer der Kandidaten, dem ich jeden nur möglichen Erfolg auch in Zukunft sehr gönnen würde, passt zumindest namenstechnisch klassisch-katholisch sehr gut zu meiner Hauptperson des Tages. Auch die Tatsache, dass – wie bei mir für den Sommer geplant – ein Umzug von hier nach dort vor einem Vierteljahrhundert eine gewichtige Rolle spielte, ist ein obskurer Zufall, der aber wohl keinen Einfluss auf das Ergebnis des Kölner Klassikers 2011 genommen hat.


Nachdem die sehr schöne Tauffeier nun auch schon wieder Geschichte ist, gibt es jetzt einen neuen „Es war einmal…“-Beitrag, dessen eine Hälfte – über den Ausgang anno 1985 – ich bereits im vergangenen Jahr geschrieben hatte. Sie wurde nun um einige Abschnitte zum Jahr 1986 ergänzt, denn beide Pferde, die dieses große Rennen vor jeweils einem Vierteljahrhundert gewinnen konnten, haben auf der Rennbahn Großes vollbracht, waren im weiteren Verlauf ihres Lebens aber nicht unbedingt immer mit dem Glück im Bunde. Beiden – und das ist in der Tat eine traurige Parallele – war leider kein langer Lebensabend irgendwo auf einer sonnigen Koppel vergönnt, wie sie ihn zweifellos verdient gehabt hätten. Los geht es also mit Erinnerungen an das Jahr 1985…


Es war einmal vor 25 Jahren

Das Mehl-Mülhens-Rennen ist als erster deutscher Klassiker und auch als Grundstein der in den vergangenen Jahren doch ein wenig außer Mode gekommenen Dreierkombination der Triple Crown auch das erste richtige Highlight jeder Galoppsaison. Vielen Rennbahngängern mag es dabei inzwischen so vorkommen, als sei das Rennen mit der nicht ganz unkomplizierten Schreibweise schon immer in Weidenpesch beheimatet gewesen, aber dem ist nicht so. Eine Siegerliste mit solch illustren Namen wie Philipo, Turfkönig, Kondor, Kornado, Lavirco, Martillo, Tiger Hill, Platini und Precious Boy weckt zwar wunderbare Rennbahnerinnerungen, die sicher mit dazu beigetragen haben, diese klassische Konkurrenz für dreijährige Pferde (in der Regel Hengste) zu einem der absoluten Höhepunkt der Kölner Turfsaison zu machen. Doch die 2000 Guineas, so der andere Name des Rennens, haben noch eine wesentlich längere und bewegtere Geschichte, die bis ins Wilhelminische Kaiserreich zurückweist.


Noch ein Mehl-Mülhens-Sieger der jüngeren Vergangenheit -
leider auch nicht vom Glück verfolgt: Precious Boy


Im Jahr der Reichsgründung 1871 wurde das Rennen durch die schlesischen Grafen Henckel zu Donnersmarck aus der Taufe gehoben und bis 1944 durchweg in Berlin – entweder auf den Bahnen in Grunewald oder Hoppegarten – ausgetragen. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Suche nach einer neuen Heimat notwendig. Über zunächst jährlich wechselnde Stationen in Düsseldorf, Köln und Dortmund landete das Henckel-Rennen schließlich 1950 in Gelsenkirchen, wo es in den Folgejahren neben dem Aral-Pokal rasch zum absoluten Saison-Glanzstück am Horster Schloss avancierte. Gerade in seiner Rolle als Derby-Vorprüfung war das über 1600 Meter führende Rennen in der Nachkriegszeit bis weit in die 80er Jahre hinein unschlagbar. Neckar, Allasch, Kilometer, Orsini, Waidmann, Herero, Mercurius, Presto, Literat, Lombard, Caracol, Königsstuhl, Orofino... es waren fast durchweg große Steher, unter ihnen viele spätere Derbysieger, die sich im Henckel-Rennen zu Saisonbeginn die Ehre gaben.




Die Vorbereitungsrouten auf dem Weg zum Blauen Band haben sich inzwischen jedoch merklich verschoben und erweitert, auch wenn dies wohl nichts mit dem Weggang des Traditionsrennens auf Gelsenkirchen zu tun hat. Heute sind es aber oft eher die Meilencracks und Mitteldistanz-Hoffnungen, die wie in den vergangenen Jahren mit Precious Boy und Irian gezielt im Mehl-Mülhens-Rennen, dem Nachfolger des einstigen Henckel-Rennens, genannt werden. Potentielle Steher bevorzugen inzwischen oft andere Stationen, gerne so genannte „Derby-Trials“ in Bremen, Hannover oder Iffezheim, so dass das 2011er-Startfeld, das immerhin an Gereon, Point Blank und Quinindo noch mit drei Derby-Aspiranten aufwarten kann, durchaus untypisch für die jüngere Vergangenheit ist. Selbst wenn sie überzeugend laufen sollten, kann das Mehl-Mülhens-Rennen aber keinesfalls schon als Gradmesser für eventuelles Stehvermögen herangezogen werden, denn 600 zusätzliche Meter sind schon eine ordentliche Distanz, die oft auch eine völlig andere Renntaktik erforderlich machen.


Doch schon in der Vergangenheit, als das Rennen noch seinen ursprünglichen Namen trug und in Gelsenkirchen-Horst entschieden wurde, war die Steherprognose nicht immer gegeben. Selbst wenn die Namen späterer Derbyhelden die Siegerliste des Henckel-Rennens in reichlicher Fülle zieren, blühten auch hier früher bei manch einem Besitzer, Trainer und Jockey weiter große Träume, die später bitter enttäuscht wurden, wenn sich in der Union oder im alternativ im Bayeff-Rennen, spätestens dann aber am Derbysonntag in Hamburg-Horn herausstellte, dass die dort verlangten 2400 Meter doch des Guten zu viel waren. Erinnert sei hier nur an Kronenkranich, der das Henckel-Rennen 1975 noch gewann, sich aber später gewiss nicht als Steher profilierte. Und auch bei der letzten Austragung der 2000 Guineas in Gelsenkirchen war es um den Sieger des Henckel-Rennens ähnlich bestellt.


Wir gehen also zurück ins Jahr 1985 – es war ein großes deutsches Sportjahr. Ein gewisser Acatenango lief sich in jenem Jahr, in dem Boris Becker auf einem grundsätzlich anderen grünen Rasen triumphierte, nämlich mehr und mehr in die Herzen der deutschen Rennbahnfans. Im Henckel-Rennen war er allerdings noch nicht vertreten, denn dieses Rennen gehörte ganz und gar seinem Stallgefährten, dem damals noch viel höher eingeschätzten Lirung aus dem Gestüt Fährhof. Lirung war ein alles andere als zierlicher Fuchshengst mit einer sehr markanten, breiten Blesse, und am 19. Mai 1985 zauberte er eine Galavorstellung auf das Geläuf der Gelsenkirchener Rennbahn, die den Anwesenden nachhaltig in Erinnerung bleib. Weiterhin war er, der als zweijähriger neben dem Versuchsrennen der Hengste und dem Ratibor-Rennen auch den Preis des Winterfavoriten hatte gewinnen können, ungeschlagen, was auch über 2200 Meter im Bremer Bayeff-Rennen so blieb. Erst in Hamburg wurde Lirung, der seinen Namen mit einem nepalesischen Berggipfel teilt, dann im wahrsten Sinne des Wortes entzaubert – ausgerechnet von seinem Stallgefährten Acatenango, denn der war im Gegensatz zu Lirung, den am Ende die Kraft verließ, eben doch ein richtiger Steher.


Namensgeber für ein begnadetes Rennpferd? Langtang Lirung in Nepal
Von dieser späteren Entwicklung des Rennjahres 1985 konnte aber Mitte Mai noch niemand etwas ahnen, als das Kraftpaket Lirung höchst überlegen vor alles andere als schlechten Pferden wie Bismarck, Onesto und Smaragdin Gelsenkirchen-Horst durchs Ziel pflügte. Entsprechend stolz wirken Besitzer Walther J. Jacobs und Jockey Georg Bocskai auf einem Foto von der Siegerehrung. Und man glaubt es kaum, aber auf das Gesicht von Trainer Heinz Jentzsch hat sich tatsächlich so etwas Ähnliches wie ein erfreutes Grinsen verirrt. Auch kein ganz alltäglicher Anblick, doch bis kurz vor dem Derby war Heinz Jentzsch von Lirung, obwohl er zugestand, das seine Stamina noch nicht völlig nachgewiesen sein, wesentlich überzeugter als von Acantenango - und er sagte dies auch ganz freimütig in einem berühmt gewordenen Interview. 


Heinz Jentzsch über Lirung und Acatenango


Mit Lirungs Sieg endete allerdings die stolze Ära des Henckel-Rennens, denn es war 1985 das letzte Mal unter diesem Titel und in seiner Nachkriegsheimat ausgetragen worden. Die Tradition der 2000 Guineas sollte aber an anderer Stelle glücklicherweise nahtlos weiterleben, denn das Mehl-Mülhens-Rennen, so benannt zu Ehren der Röttgener Gestütsbesitzerin Maria Mehl-Mülhens, die fast genau einen Monat vor Lirungs Sieg im April 1985 nach schwerer Krankheit verstorben war, erlebte exakt ein Jahr später, am 19. Mai 1986, in Köln seine Premiere, als mit Philipo wieder ein späterer Derby-Sieger als Erster die Ziellinie passierte. 


Dieser Philipo gewann in seiner leider nur kurzen Rennbahnkarriere insgesamt zwar „nur“ drei Rennen, ist aber dennoch vielen Rennbahnfreunden im Gedächtnis geblieben, weil seine Lebensgeschichte so erstaunlich verlief und letztlich ebenso wie jene des 1987 nach einem Italienaufenthalt an einer Infektion erkrankten und nach vier Wochen Kampf letztlich nicht mehr zu rettenden Lirung viel zu früh und viel zu traurig endete. Philipo – durchaus passend benannt, bedeutet der Name doch nichts Geringeres als „Pferdefreund“ – verkörperte nämlich im besten Sinne das Modell des Underdogs, dem zunächst kaum ein Beobachter die großartigen Leistungen zutraut, zu denen er in der Lage ist. Zwar sollte seine Mutter Prärie, die zwei ihrer acht Rennen gewinnen konnte, an ihrem Erstling, Philipos um ein Jahr älterer Halbschwester Pikante, immerhin die Mutter eines weiteren Derbysiegers namens Pik König fohlen, aber dies konnte Mitte Februar 1983, als der braune Hengst von Prince Ippi das Licht der Welt erblickte, ja noch niemand ahnen, denn noch war Pikante, die später über Hindernisse und ansonsten eher im Ausgleich III als auf höchstem Parkett unterwegs war, ja selbst erst ein Jährling.


Akute Derbyhoffnungen dürfte man also mit dem kleinen Philipo kaum verbunden haben, und so erzielte er auf der Jährlingsauktion in Baden-Baden gerade einmal einen Preis von 9000 D-Mark, als er in den Besitz von Volker Rüdiger Henneberg wechselte, unter dessen Stall-Decknamen „Stall Surinam“ er auch bei seinen großen Dreijährigen-Erfolgen lief. So wie die an Philipo beteiligten kleinen Besitzer, denen das große Glück zuteilwurde, ein so großartiges Pferd entdeckt zu haben, trug auch das Röttgener Urgestein Hartmut Steguweit in seiner bis dahin noch nicht eben spektakulären Trainerkarriere als Sympathieträger zu Philipos märchenhaft anmutender Geschichte bei.


Als Zweijährigen-Sieger im Preis der Jährlingsauktion, vor allem aber als Drittplatzierter in Oldtimers Preis des Winterfavoriten konnte Philipo seine neuen Besitzer und seinen Betreuer bereits sehr erfreuen, aber mit der Traumgeschichte, die 1986 noch folgen sollte, konnten sie wohl kaum rechnen, zumal der Hengst bei seinem ersten Auftritt im Dr. Busch-Memorial, als er lediglich als Achter und Vorletzter ins Ziel kam, einstweilen kaum überzeugen konnte. 


So konnte eigentlich am 19. Mai 1986 kaum ein Rennbahnbesucher damit rechnen, dass ausgerechnet der kleine Philipo so auftrumpfen würde. Das tat er aber, und dabei ließ der nunmehr frischgebackene klassische Sieger fast ausnahmslos namhafter Konkurrenz aus den Gestüten Bona, Zoppenbroich, Ittlingen, Fährhof und Schlenderhan souverän hinter sich, die ihn zuvor teilweise bereits geschlagen hatte. Ein tolles Bild ist es, wie Philipo mit windschnittig angelegten Öhrchen ganz fokussiert mit Blick voran dem Ziel entgegenfliegt und sich anschließend schon mit der rot-weiß-goldenen Siegerschleife geschmückt von seinem vor Begeisterung strahlenden Jockey Dave Richardson tätscheln lässt.


Schlagartig sprach man auf der Rennbahn eben nicht nur von Oldtimer, Orfano oder Babylonier, sondern nun auch von Philipo, wenn das Thema „Derby 1986“ diskutiert wurde. Eine solche Unterhaltung habe ich selbst wenig später mitbekommen – schweigend und staunend, als die vielen Namen zwischen meinem Onkel und einigen seiner Zockerfreunde hin und her flogen, während ich versuchte, mir am Mülheimer Führring für den Preis der Diana eine Stute auszusuchen. Ich entschied mich damals (leider falsch, denn es gewann das Stuten-Derby die Fährhoferin Comprida) für Alveradis aus dem Gestüt Zoppenbroich. Und der Grund war einer, der wohl nur für ein knapp zwölfjähriges Mädchen überzeugend klingt, denn ich fand, dass die Kombination aus Philipo und Alveradis märchenhaft schön klang – irgendwie wie ein mittelalterliches Prinz- und Prinzessinnenpärchen. Damit lag ich eindeutig nicht auf der Derbylinie meines Onkels, der dezidiert Orfano wollte, weil der nun eben einmal ein von Sven von Mitzlaff trainierter Zoppenbroicher war, aber zumindest hatte ich, als aus dem Früh- ein Hochsommer wurde und das Derby immer näher rückte, den Namen Philipo irgendwo in meinem Hinterkopf.


Plötzlich hatten die Zocker einen neuen Namen zu diskutieren...


Der Hengst des Stalles Surinam hatte inzwischen durch seinen dritten Platz im Union-Rennen nachgewissen, dass er auch über Steherqualitäten verfügte und unterschied sich damit schon einmal deutlich von seinem Vorgänger als Sieger im Henckel- bzw. Mehl-Mülhens-Rennen Lirung, der zeitgleich in den deutschen und vor allem europäischen Mitteldistanzrennen bis hin zum Gruppe-I-Niveau ganz groß auftrumpfte. Gewonnen hatte das Union-Rennen allerdings meines Onkels Liebling Orfano, seines Zeichens Bruder von gleich zwei Derbysiegern namens Orofino und Ordos, und nunmehr auch erklärter Derbyfavorit.


Lirung, letzter Sieger im Henckel-Rennen, triumphiert im Prix Jacques le Marois 1986


Der Tag des großen Rennens ist mir auch fünfundzwanzig Jahre später noch in lebhafter Erinnerung, weil ich ihn nicht zu Hause, sondern auf dem Dorf bei meinen schwäbischen Verwandten verbrachte, wo das große, allen Klischees gerecht werdende Musikfest tobte, und ein rothaariges Bobbele auf dem Weg zu seinem zweiten Wimbledon-Sieg die verfügbare Fernsehzeit vor dem einzigen Fernseher im Haus monopolisierte. Ärgerlich sah ich dem Ploppen der weißen Bälle zu und wünschte mir doch nur endlich einen Bericht über die flotten Vierbeiner in Hamburg-Horn. Als die Tennis-Sensation dann endlich, endlich geschafft war und die meisten Verwandten schon zum Festzelt unterwegs, blieb nur mein Cousin mit mir auf dem Sofa zurück, der damals im Grundschulalter noch ernsthafte Träume von einer Jockeykarriere hegte. Und zusammen haben wir auch gesehen, wie in Hamburg nicht Orfano gewann, sondern ein mit viereinhalb Längen vor der Konkurrenz überlegener Philipo. Mich hat’s sehr gefreut, auch wenn er dem Zoppenbroicher so klar die Hufe gezeigt hatte.


Philipos Triumph im Deutschen Derby 1986 weckte aber auch noch ganz andere Interessen, die schließlich für seine Besitzer die Märchengeschichte richtig rund machten, denn nachdem sie mit dem Hengst den größten nur denkbaren Erfolg, den ein Pferdebesitzer in Deutschland überhaupt schaffen kann, errungen hatten, bekamen sie dieses ganz spezielle Angebot, dem sie nicht widerstehen konnten, denn es meldete sich ein reicher Interessent, der Philipo gerne kaufen wollte und bereit war, zu diesem Zweck tief in die Tasche zu greifen.


Helmut von Finck war es, inzwischen mit seinem Gestüt Park Wiedingen als hocherfolgreicher Züchter einer kleinen Legion toller Rennpferde bekannt, damals aber noch ein recht junger Enthusiast in Sachen Vollblut und Galopprennsport, der – sicher aus einer Mischung verschiedener Motive – den frisch gebackenen Derbysieger in seinen Farben laufen sehen wollte. Und so kam das Geschäft zustande und Philipo trug bei seinem nächsten Start, der leider auch schon sein letzter sein sollte, neue Farben.


Philipos neuer, wenig vom Glück verfolgter Besitzer


Der Trainer war der alte geblieben, Hartmut Steguweit, aber die verständlicherweise großen Erwartungen erlitten einen argen Dämpfer, als Philipo im Bayerischen Zuchtrennen gar nicht überzeugen konnte und am 3. August 1986 nur als Fünfter die Ziellinie überquerte. Groß wird die Enttäuschung gewesen sein, aber es sollte im folgenden Jahr noch viel schlimmer kommen für den Hengst, dessen Karriere doch seit seinem Sieg im Mehl-Mülhens-Rennen solch einen märchenhaften Höhenflug erlebt hatte, denn es folgten Verletzungssorgen und im folgenden Frühjahr, als Philipo auf sein standesgemäßes Saisondebüt im Gerling-Preis vorbereitet wurde, die große Katastrophe. 

Einfach so, während einer Trainingseinheit daheim war Philipo zusammengebrochen und nach einem Herzversagen verendet. Wie schnell das Schicksal derart zuschlagen kann, hat uns zuletzt noch der Tod der Röttgener Derbyhoffnung Dekan tragisch vor Augen geführt, und auch in Philipos Fall waren die Rennsportfreunde erschüttert und trauerten um ein großes Pferd, das ihnen bei seinen wenigen Rennen so viel Freude bereitet hatte. Zumindest Erinnerungen an ihn und viele andere große und kleine vierbeinige Helden bleiben auch nach einem Vierteljahrhundert erhalten.

Montag, 16. Mai 2011

Vor fünfzehn Jahren: Damals in Dresden...

Es war einmal vor 15 Jahren…

Vor ziemlich genau fünfzehn Jahren fand auf der Rennbahn in Köln-Weidenpesch genau das statt, was die Galoppsportfreunde in diesem Jahr bereits am vergangenen Sonntag erfreute, denn am 12. Mai 1996 wurde damals der Gerling-Preis in seiner 61. Auflage entschieden. Anders als damals war in der aktuellen Version dieses traditionellen Kölner Rennens zwar kein Derbysieger am Start, aber immerhin gab es mit dem Ersten Scalo und der Viertplatzierten Night Magic gleich zwei Galopper des Jahres zu bewundern. Und auch sonst gibt es Verbindungslinien zwischen den beiden mit fünfzehn Jahren Abstand voneinander ausgetragenen Rennen, sind doch die beiden Sieger – Scalo und Laroche – in den gleichen Rennfarben unterwegs und auch recht eng miteinander verwandt. Scalos Vater Lando ist nämlich der ältere Halbbruder des Erstplatzierten von 1996 Laroche.

Scalo: Wie "Onkel" Laroche Sieger im Gerling-Preis in Köln
Verwirrend genug?

Laroche jedenfalls ließ sich an jenem 12. Mai 1996 nicht verwirren, sondern schaffte gegen wahrlich nicht schlechte Konkurrenz einen leichten 1¼-Längen-Sieg. Bedenkt man, dass er an Aratikos, Oxalagu und Protektor mehrere gestandene Gruppe-I- und Gruppe-II-Gegner hinter sich ließ, kann man sich gut vorstellen, dass seine Besitzer aus diesem Treffer große Hoffnungen hinsichtlich einer positiven Saison für den inzwischen fünfjährigen Derbysieger des Jahres 1994 schöpften – zumal seine Vierjährigen-Kampagne 1995 vielleicht nicht unbedingt so erfolgreich verlaufen war wie erwünscht. Laroche präsentierte sich nun aber wieder in hervorragender Form und schien 1996 noch einmal nachlegen zu können.

Doch daraus wurde nichts, denn der Sieg im Gerling-Preis in Köln sollte nicht nur sein letzter Treffer, sondern auch sein letzter aktiver Auftritt auf der Rennbahn überhaupt werden. Einige Zeit später wechselte Laroche mit einem GAG von immerhin 98,5 in die Zucht, stand ab 1998 im Gestüt Auenquelle, wo 1999 sein erster Jahrgang geboren wurde. Glad Hunter, Orange Blue, Sword Roche, Larofino, Russian Samba – das sind die Namen einiger seiner Nachkommen, die zwar durchaus nicht unerfolgreich waren, aber doch insgesamt nicht das auf dem grünen Rasen einlösen konnten, was man sich offenkundig von einem Derbysieger als Deckhengst versprochen hatte.

Ganz aktuell findet Laroche sich über seine Tochter Russian Samba auch im Pedigree des Vierjährigen Russian Tango, dessen leichter Erfolg im Hoppegartener Preis von Dahlwitz Lust auf mehr machte. Das letzte Wort über die Zuchtleistung von Laroche muss also noch nicht gesprochen worden sein, aber dennoch stand er nicht nur in dieser Beziehung immer im Schatten seines älteren Bruders Lando. Anno 2003 musste er umziehen und deckte weiter im tschechischen Gestüt Mimon, in das es neuerdings auch den ehemaligen Derbyfavoriten Suestado verschlagen hat. Bei vielen deutschen Turffreunden mag Laroche so schon fast wieder vergessen gewesen sein, als vor einem knappen Jahr, im März 2010, die Nachricht die Runde machte, dass der Sieger im Blauen Band 1994 wegen eines nicht zu operierenden Gehirntumors eingeschläfert worden war.

Irgendwie war er nicht unbedingt oft mit dem Glück im Bunde, der „arme kleine Bruder“ des großen Lando, der nicht nur durch seine eigene fulminante Rennleistung, sondern auch als Deckhengst durch seine aktuellen Spitzen-Nachkommen in aller Munde ist. Nein – da konnte Laroche wirklich nicht ganz mithalten, genau so wenig wie am 23. Juli 1995, als die beiden Ittlinger Derbysieger unter exakt gleichen Gewichtsvorgaben im Düsseldorfer Deutschland-Preis aufeinandertrafen und Lando Laroche klar mit 2,5 Längen hinter sich ließ. Aber immerhin: An einem Tag zumindest war der kleine Bruder unter den Pferden seines Jahrgangs der Größte gewesen, und wie es das Rennbahnglück so wollte, war dies ausgerechnet der Tag im Leben eines Vollblüters gewesen, der besonders viel zählt. Im ständigen unweigerlichen Vergleich mit seinem Bruder Lando hatte er sich also zumindest einmal, am 3. Juli 1994 in Hamburg, als ebenbürtig erwiesen und dem Gestüt Ittlingen nach dem Sieg 1993 gleich im Folgejahr den zweiten Derbytreffer geschenkt.

Ich selbst habe Laroche nicht ein einziges Mal live auf der Rennbahn erlebt, und ich kann mit gutem Gewissen behaupten, das ich auch erst exakt einen Tag vor seinem Derbyauftritt auf den Hengst aufmerksam geworden bin. Lando, ja, den kannte ich natürlich, war ich doch bei seinem Derbysieg 1993 dank des besten Abitur-Geschenks aller Zeiten live in Hamburg dabei gewesen, als er sich fast wie Phoenix aus der Asche nicht nur rehabilitierte, sondern nach einigen schwächeren Leistungen zu Beginn der Saison auch den erneuten Grundstein zu einer spektakulären Rennkariere legte, die schließlich am 26. November 1995 ihren Höhepunkt in einem Sieg im Japan Cup fand.

Laroche hingegen… nein, diesen Namen hatte ich vorher trotz seiner illustren Verwandtschaft nicht auf dem Radarschirm gehabt. Wie es dazu kam, dass sich dies schlagartig änderte – nun, das ist allerdings eine besondere Geschichte, an die ich mich auch heute noch gerne erinnere.

Dass ich Laroche nicht am Start gesehen hatte, lag einerseits daran, dass der Ittlinger Hengst zwei- und dreijährig sein gesamtes bisheriges Rennprogramm anderswo als auf meinen vertrauten Ruhrgebietsbahnen absolviert hatte. Zweijährig lief er zweimal – aber ohne einen Sieg landen zu können – in Köln, was für mich ja durchaus erreichbar gewesen wäre. Allerdings hatte es mich nach dem Abitur nach Heidelberg gezogen, wo ich zwei Semester (frei nach dem Motto: Jeder darf sich mal irren!) benötigte, um festzustellen, dass die Stadt am Neckar zwar wunderschön und lebenswert ist, das Studienfach Dolmetschen & Übersetzen und ich aber nicht unbedingt optimal kompatibel.

Noch einen Nachteil hatte Heidelberg, denn es lag aus Rennbahnperspektive von Mannheim und Hassloch abgesehen, wohin ich mich aber nie verirrt habe, weit entfernt von studentischen Reisemöglichkeiten zu interessanten Galopperzielen. Zu einem einzelnen Tagesbesuch (heldenhaft zusammengestückelt mit dem Wochenendticket und diversen Umsteigemanövern von einem Regionalzug in den nächsten) in Iffezheim hatte es immerhin beim Frühjahrsmeeting 1994 gereicht, aber ansonsten gestalteten sich der Herbst 1993 sowie die erste Jahreshälfte 1994 für mich rennbahntechnisch sehr flau. War ich auf Heimatbesuch im Ruhrgebiet, langte es nur ganz selten für einen Samstag auf der Rennbahn, denn sonntags, wenn die wirklich interessanten Ereignisse stattfanden, saß ich ja bereits wieder im Zug zurück nach Heidelberg.

Ich hatte in jener Saison also für meine Verhältnisse ausgesprochen wenig Rennbahnluft geschnuppert und mich, da es ja die heutigen komfortablen Internetmöglichkeiten noch nicht gab, mehr schlecht als recht per Sport-Welt, die es immerhin am Heidelberger Hauptbahnhof zu kaufen gab, auf dem Laufenden gehalten. So kam es, dass ich mich in jenem Jahr intensiver meinem anderen Hobby aus Schulzeiten gewidmet und sehr viel ehrenamtliche Arbeit bei der Malteser Jugend gemacht habe. Eine eigene Jugendgruppe war recht rasch aufgebaut, und so standen an den Wochenenden, an denen ich nicht nach Hause ins Ruhrgebiet fuhr, bald zahlreiche völlig rennbahnfremde Unternehmungen auf dem Programm, die aber auch sehr großen Spaß machten.

Das Highlight in dieser Beziehung war die Teilnahme am Katholikentag des Jahres 1994, der unter dem Motto „Unterwegs zur Einheit“ weit entfernt in Dresden stattfand. Die ganze Jugendgruppe hatte sich eifrig vorbereitet und brach Ende Juni 1994 gemeinsam mit anderen Maltesern aus dem Badischen gespannt nach Dresden auf, wo wir ein Zeltcafé betreuen und diverse Mitmachaktionen anbieten wollten. Dass sich der Katholikentag ausgerechnet mit dem Derbywochenende 1994 überschnitt, war mir zwar bewusst, und sicher habe ich auch immer wieder an das Vorjahr gedacht, als ich selbst in Horn dabei sein konnte, aber insgesamt war ich viel zu erfasst von den Vorbereitungen und der guten Stimmung als dass mich die Aussicht, wohl auch die TV-Übertragung aus Hamburg nicht mitzubekommen, groß hätte betrüben können.

Ort des Geschehens - Dresden
Vier Jahre nach der Wiedervereinigung war der Aufenthalt in Dresden mit einer Horde katholischer Jugendlicher irgendwo auf der Grenzlinie zwischen Pfadfinderzeltlager und Pilgerfahrt nicht nur ein großes Abenteuer, sondern auch eine Zeit der unerwarteten Begegnungen und Konfrontationen (überwiegend positiver Natur) mit einer doch für uns Westkinder recht fremden Umwelt. Natürlich hatten wir in Zeitungen viel gelesen, hatten auch im Fernsehen etwas gesehen von „drüben“, aber noch war die DDR mit ihren Spuren und Erinnerungen in Dresden überall gegenwärtig. So richtig wiedervereinigt waren die Deutschen, die sich da (manchmal auch eher zwangsweise) begegneten, meiner Wahrnehmung nach noch lange nicht.

Großartig haben sich die Dresdner Malteser um uns gekümmert, und auch zu einer brandneuen Jugendgruppe aus Meißen, mit denen wir Heidelberger uns einen ziemlich staubigen und trostlosen Klassenraum in einer ehemaligen Polytechnischen Oberschule teilten, wo wir alle mitten zwischen klischeehaften Plattenbauten untergebracht worden waren, entstand schnell mehr als nur freundschaftlicher Kontakt. Sogar die Nachbarschaft, die uns (ca. 500 quirlige und mit Begeisterung neues geistliches Liedgut zur Gitarre schmetternde Kinder und Jugendliche mit überwiegender Wessi-Herkunft) bei der Ankunft noch misstrauisch beäugt hatte, wurde am folgenden Abend schon lockerer. Da kamen dann irgendwann auch die örtlichen Jugendlichen mal vorbei, nachdem sie uns zunächst in klaren Reviermarkierungsabsichten demonstriert hatten, wie klasse ein frisierter Wartburg aufjault und sich quietschend in die Kurve vor dem geschlossenen HO legen kann, wenn man ihn nur richtig „fährt“, und setzten sich nach Einladung durch die Meißener mit ans improvisierte Lagerfeuer, wo gerade das Stockbrot schmurgelte. Und irgendwann in dieser arg surrealen, sternenklaren Nacht, in der ein Kassettenrecorder selbst aufgenommene Queen-Lieder (unsere? ihre? Ach, egal!)  spielte, war es dann zwischen den strengen Plattenbauten für eine Weile fast gleichgültig, wer Wessi und wer Ossi war.

Die sommerlich heißen Tage in Dresden waren in jeder Beziehung ein intensives Erlebnis – sei es bei diesen ganz alltäglichen Begegnungen, beim Feiern von Gottesdiensten, beim Sonnen auf den Elbwiesen, beim Bestaunen der alten Architektur ringsum (Platte oder – vorzugweise! – wesentlich älter… auch wenn die heute großartig wiedererrichtete Frauenkirche damals zum Beispiel noch ein ziemlicher Schutthaufen war), bei Diskussionsrunden, tatsächlich über Gott und die Welt, unseren von der Dresdner Bevölkerung übrigens interessiert angenommenen Mitmachaktionen sowie der einen oder anderen Party. Die Unterbringung auf dem harten Klassenraumfußboden war dann irgendwann auch egal, denn Schlaf war sowieso vollkommen überbewertet. Mit gerade einmal zwanzig Jahren ist man da wohl ausdauernder und leidensfähiger.

Irgendwo da war ich mittendrin -
Menschenmassen auf dem Dresdner Katholikentag 1994
Es war also eine großartige, von Euphorie getriebene, nachdenklich machende, intensiv erlebte Zeit, und dass weit entfernt in einer Stadt namens Hamburg die Derby-Woche 1994 auf ihren jährlichen Höhepunkt zusteuerte, hatte ich ehrlich gesagt praktisch vergessen. Oder vielleicht war es mir auch deshalb ziemlich egal, weil parallel so viel anderes Spannendes geschah. 


Dann jedoch, am ersten Julisamstag 1994, hatte ich vor der Abreise am Sonntag nach der gemeinsamen Eucharistiefeier noch einen kleinen Privatausflug ins Hygiene-Museum geplant und musste zu diesem Zweck durch den Bahnhof laufen, der vor lauter Katholikentagsvolk und Einheimischen aus allen Nähten zu platzen schien. Und plötzlich sah ich bei einem Zeitschriftenhändler etwas ausliegen, was ich so in Dresden (wieso eigentlich nicht?) gar nicht erwartet hatte: die Sport-Welt. Und es war nicht irgendeine Sport-Welt, die ja damals noch schlicht schwarz-weiß mit – wenn überhaupt – wenigen Fotos daherkam, sondern die besondere Derby-Ausgabe, die traditionell passend zum Blauen Band nicht nur besonders dick war, sondern auch blau, statt wie sonst grün umrandet war. Die musste ich natürlich kaufen, und zum Glück fand sich in der kurzen Hose, die ich im leckenden Klassenraumwaschbecken von Hand ausgewaschen und über Nacht auf dem Fensterbrett unserer Schulunterkunft getrocknet hatte, auch gerade noch genug Kleingeld.

Mit der Sport-Welt in der Tasche besichtigte ich also das Hygiene-Museum, war sehr angetan von der Ausstellung dort, hatte aber anschließend, als die Sonne schon wieder brennend vom Himmel stach, absolut genug von irgendwelchen weiteren Aktivitäten und beschloss, mich einfach in den Schatten eines Baumes zu werfen und ein wenig in der Sonderausgabe zu blättern.

Tja, und genau dort hat mich dann ein Dresdner namens Gerd entdeckt, so etwa Mitte 50, der mich wohl schon eine Weile beobachtet haben musste, wie ich im Schneidersitz auf dem Boden die Sport-Welt las, und sich dann ein Herz fasse, um mich unbekannte Fremde spontan anzusprechen. Eigentlich hätte ich ja unter den gegebenen Umständen misstrauisch reagieren müssen, aber Gerd hatte irgendwie etwas spontan Sympathisches und Harmloses an sich, und überhaupt war ich ja begeistert von all der Kommunikation mit Menschen, die zum größten Teil eine ganz andere Lebensgeschichte hinter sich hatten als ich.

Über Pferderennen kann man (fast) überall sprechen -
auch vor dem Hygiene-Museum in Dresden
Also haben wir uns unterhalten, und die Tatsache, dass es Gerd verwunderte, dass ein Wessi-Mädchen im alles andere als gebügelten Katholikentags-T-Shirt in seiner Stadt auf einer Wiese sitzend ausgerechnet die ihm gut bekannte Sport-Welt las, war nur der Anlass zu einem Gespräch, das mir intensiv im Gedächtnis geblieben ist, weil es mit Pferderennen – unserem offenkundig gemeinsamen Hobby – anfing, immer wieder zu diesem Thema zurückkehrte, aber doch um so viel mehr ging.

Gerd, der noch gesprächiger wurde, als er von meinem brennenden Interesse an Geschichte und der Tatsache erfuhr, dass ich vorhatte, auf ein Lehramtsstudium zu wechseln, war wirklich ein netter Mensch, aber auch ein zutiefst enttäuschter „Wende-Verlierer“. So bezeichnete er sich zumindest selbst. Er erzählte mir, dass er mit „denen da oben“ nichts zu tun gehabt habe. Er habe halt so ein „bisschen mitgemacht, wenn es nicht anders ging“, aber grundsätzlich habe er nur seine Ruhe haben wollen. Er hatte sich sicher gefühlt in der DDR, und der Mauerfall sowie die atemlosen, radikalen Umwälzungen der Jahre danach hatten ihn überfordert. Sein Arbeitsplatz bei einem privatisierten Kombinat, in dem er sich immer kompetent und geschätzt gefühlt hatte, hatte lange auf der Kippe gestanden, dann war er arbeitslos gewesen, hatte sich mit Mühe eine neue Stelle (eher einen Job) bei einem anderen Arbeitgeber besorgt, tat dort sein Bestes, obwohl ihm die neue Arbeit wenig Freude bereitete, und fühlte sich doch ständig vom Schreckensgespenst neuer – und dann wahrscheinlich permanenter – Arbeitslosigkeit verfolgt. Dieser Gedanke, dem er nicht ausweichen konnte, belastete ihn, machte ihm fast Tag und Nacht Angst. Überhaupt hatte er das Gefühl, dass er nicht mehr recht in die wiedervereinigte Welt passte, dass ihm bei allem Fleiß die Energie und Spritzigkeit fehlten, um mithalten zu können. Er hatte, so meinte er mit einer aufrichtigen Traurigkeit, die mich sehr berührte, seine Heimat verloren, obwohl er doch immer noch in seiner Heimatstadt Dresden zu Hause war.

Ich habe überwiegend zugehört, denn ich merkte rasch, dass mir nicht bloß Lebensalter, sondern vor allem auch Lebenserfahrungen fehlten, um irgendetwas sinnvoll Tröstliches angesichts seiner nachdenklichen Mutlosigkeit sagen zu können, die aber in keiner Weise mir gegenüber vorwurfsvoll war. Im Gegenteil – er betonte mehrfach, wie sehr es ihn freue, all die jungen Menschen zu sehen, die durch den Katholikentag in seine Stadt gekommen waren, weil sie so viel von dieser Lebensfreude und offenen Neugier verströmten, die er selbst für sich und sein Leben gerne gehabt hätte.

Dass ich die Sport-Welt las, fand er kurios, und ich muss gestehen, mir war zuvor gar nicht recht bewusst gewesen, dass es ja in Dresden auch eine Rennbahn mit langer Tradition gab. Gerd war dort ein regelmäßiger Besucher, einer von der Sorte, der als Junge von einer Jockey-Karriere geträumt hatte und häufig mit seinem Großvater in Hoppegarten gewesen war, bis er selbst zu groß und vor allem zu schwer wurde. Aber er ging immer noch hin, fuhr manchmal auch nach Berlin oder auf andere der sogenannten „Ost-Bahnen“, verlässlich wie ein Uhrwerk. Und er kannte darum Leute, Pferde, Anekdoten über den Galopprennsport im Osten und noch weiter zurück aus Hoppegartener Zeiten, die mir völlig neu waren.

An Hein Bollow konnte er sich noch als Reiter erinnern, und schon hatten wir ein Thema, über das wir auch gemeinsam reden konnten, aber auch andere ehemalige Hoppegartener Namen waren mir in der Form wesentlich älterer Menschen vornehmlich aus dem Trainerlager bekannt. Was dazwischenlag – nun, auch davon erzählte er ein wenig, schwärmte von einigen großen Pferden aus der DDR, die ihn begeistert hatten, aber bald seufzte er und meinte, aus meiner Perspektive müsse das ja alles albern wirken. Als ich erstaunt nachfragte, wie er darauf komme, meinte er nur mit einem Schulterzucken, die ganzen Ost-Pferde könnten ja im Westen in keiner Form mithalten. Das müsse man ganz nüchtern zugeben. Ich konnte merken, wie sehr es ihn schmerzte das zu sagen, denn ganz offenbar hing sein Herz an vielen dieser Erinnerungen an seine miterlebten Rennen der vergangenen DDR-Jahrzehnte.

So recht widersprechen konnte ich ihm ehrlicherweise aber auch nicht, denn 1994 war es einfach noch so. Kaum ein Pferd, das im Osten trainiert wurde (und viele waren noch in volkseigenen Gestüten gezogen worden), konnte auf gehobenem Niveau mit der Konkurrenz aus den westdeutschen Bundesländern konkurrieren. Das nahmen manche – nicht alle! – Westtrainer gern zum Anlass, umfangreiche Expeditionen auf die Ostbahnen zu starten und dort richtig „abzusahnen“, denn auch in Sieglosenrennen und Ausgleichen taten sich die meisten westdeutschen Pferde in Dresden, Leipzig, Hoppegarten und Co. mit dem Gewinnen doch oft einen Tick leichter als zu Hause. Heinz Jentzsch, der westdeutsche Dauerchampion bei den Trainern, war hier regelmäßig dabei, und in der Tat hatte er zum Beispiel am 11. Juni 1994, dem vorletzten Dresdner Renntag vor meiner Zufallsbegegnung mit Gerd vor dem Hygiene-Museum, richtig jubeln können. Sage und schreibe fünf (!) der acht ausgeschriebenen Rennen gewann er mit seinen Asterblüte-Pferden. Unter ihnen befand sich übrigens auch Laroche, der den Anlass für das Schreiben dieser Erinnerungen liefert, denn er gewann mit dem ehemaligen Herold-Rennen einen Traditionstitel. Und nachdem auch Elfi Schnakenberg, Theo Grieper und Hans-Albert Blume je ein Rennen in den Westen geholt hatten, blieb für die Ost-Trainer rein gar nichts mehr übrig. Ob sich die West-Trainer mit derlei Aktionen unbedingt beliebt gemacht haben? Ich habe da gewisse Zweifel!

Nicht immer offenbarte sich die Leistungskluft, die fünf Jahre nach dem Mauerfall noch bestand und sich erst in den folgenden Jahren langsam verringerte, als solche Pferde wie Artan oder Magical River dann und wann auch einmal im Westen auf sich aufmerksam machen konnten, derart eklatant. Aber für Gerd schien der vergangene Rennsamstag auf seiner Dresdner Hausbahn wie eine Bestätigung seines traurigen Verlierergefühls zu sein. Fast kam es mir vor als fühle er sich genauso abgehängt wie seine geliebten und vertrauten Rennpferde – irgendwie nichts mehr wert, egal wie sehr sie ihn in der Vergangenheit auch begeistert hatten.

„Naja, die Pferde aus dem Westen gewinnen halt wie sie wollen“, bemerkte er ernüchtert.

Und weil ich eben irgendetwas Relativierendes sagen wollte, verwies ich auf die Titelseite der Sport-Welt-Sonderbeilage, die zwischen uns lag. Dort war ein englisches Pferd namens Overbury abgebildet, dem in jenem Jahr im bevorstehenden Derby eine Schlüsselrolle zuzukommen schien, denn dieses zweifellos sehr gute Rennpferd war für unser Rennen aller Rennen genannt worden und machte – so zumindest der Tenor vieler Artikel, die vorab geschrieben wurden – den deutschen Galoppanhängern mächtig Angst. Sie befürchteten schlicht und einfach, dass Overbury gleich im ersten Anlauf das schaffen würde, was tatsächlich dann erst Buzzword 2010 glückte: das nun auch für ausländische Pferde geöffnete Blaue Band aus Deutschland zu entführen. Zu übermächtig erschien Overbury als dass die deutschen Kandidaten gegen ihn ankommen konnten.

Als ich eine Bemerkung in dieser Richtung machte, nickte Gerd nur und meinte: „Tja, da können die West-Trainer und Besitzer mal sehen, wie wir uns hier ständig fühlen.“

Gleich aber fügte er mit einem entschuldigenden Lächeln noch etwas an: „Vielleicht muss man gerade deswegen mal auf die Außenseiter setzen. Habe ich gemacht.“

Neugierig fragte ich nach, welches Pferd er meinte und schlug nebenbei die Doppelseite mit der Einzelvorstellung der Derbykandidaten auf, die mir in jenem Jahr viel weniger vertraut waren als zu anderen Gelegenheiten, weil ich ja weitab vom Schauplatz des Geschehens gewesen war.

„Den hier habe ich gewettet. Hat mir gefallen, als ich ihn neulich gesehen habe.“


Und er deutete auf ein Pferd in Ittlinger Farben.

Laroche.

„Eine Chance hat er natürlich nicht, denn sonst wäre er wohl kaum als letztes hier bei uns im Osten gelaufen. Aber wer weiß, sein Bruder hat’s ja letztes Jahr auch schon gewonnen. Ist vermutlich verrückt, aber mir war danach Laroche zu spielen.“

Gerd war fest davon überzeugt, sein Geld zum Fenster hinausgeworfen zu haben, einfach aus einer komischen Laune heraus. Eine rechte Meinung zu den Derbypferden hatte ich ja auch nicht, außer dass mir natürlich ein Sieg des Union-Ersten Twen aus „meinem“ Stall sehr sympathisch gewesen wäre. Das hätte ich allerdings leicht abergläubisch wie ich damals schon im Hinblick auf große Rennen war, nie laut gesagt. Laroche war nur einer von insgesamt zwanzig Startern – ein veritabler Außenseiter noch obendrein. Glauben mochte ich daran also auch nicht, und als wir uns kurze Zeit später freundlich voneinander verabschiedeten, hatte ich Gerds verwegenen Tipp schon fast wieder vergessen.

Vielleicht wäre diese für mich sehr angenehme Zufallsbegegnung auch inzwischen schon längst im Nebel der Vergangenheit versunken, wenn… ja, wenn Gerd mit seinem wagemutigen Tipp nicht am Ende doch Recht behalten hätte und zumindest am folgenden Tag, dem Derbysonntag 1994, nicht auf der Verliererseite des Lebens stand. Das Ergebnis des Derbys habe ich erst mit einiger Verspätung erfahren, denn wo heute wahrscheinlich ein internetfähiges Handy zum Einsatz kommen würde, war ich auf der langen Busfahrt zurück von Dresden nach Heidelberg einfach von allen Neuigkeiten abgeschnitten. Das war aber nicht schlimm, denn wir waren nach den ereignisreichen Tagen alle ziemlich müde, aber zufrieden und mit jeder Menge neuen Eindrücken angefüllt, die erst einmal sortiert werden wollten.

So stand ich dann irgendwann deutlich nach Mitternacht, als endlich alle Gruppenkinder von ihren Eltern abgeholt worden waren, im Innenhof der Heidelberger Malteser-Dienststelle und beschloss spontan, kein Taxi zu rufen, sondern vor Ort eine weitere Nacht im Schlafsack im großen Schulungsraum zu verbringen. Der letzte Bus in den Vorort, wo sich meine Studenten-WG befand, war schon längst gefahren, also schien das Sinn zu machen. Zunächst hatte ich aber Hunger, und so borgte ich mir ein altes Fahrrad, das für diesen Zweck im Innenhof stand, und radelte durch die menschenleere Stadt in Richtung Bahnhof, weil ich mir dort am ehesten eine noch offene Futterquelle versprach. Die habe ich auch tatsächlich in Form eines angemessen studentischen Dönerstands gefunden – und direkt daneben einen Buchmacher, in dessen Schaufenster die Ergebnisse des abgelaufenen Renntags ausgelegt waren.

Und dort habe ich dann gesehen, wer das Derby 1994 gewonnen hatte. Nicht Overbury war es gewesen, denn der kam nur als Zweiter ins Ziel. Auch mein Wunschpferd Twen hatte es nicht geschafft, denn der war am Boden gescheitert. Nein, Laroche hatte gewonnen, und das als Außenseiter zu einer wirklich netten Quote von 181:10.

Alle Achtung!

Dönerkauend bin ich damals mit einem breiten Grinsen einhändig durch die dunklen Straßen von Heidelberg geradelt und habe mich, ehe ich in meinen Schlafsack geschlüpft bin, einfach nur für meine freundliche Dresdner Kurzbekanntschaft Gerd gefreut, dem dieser Treffer sicher gut getan haben dürfte.

Ob es ihn wohl noch gibt? Inzwischen müsste er ja auch schon recht alt sein. Ich habe schon lange nicht mehr an ihn gedacht. Erst als ich zum Zweck dieses Erinnerungstextes ein wenig über Laroche recherchierte, fiel mir unser Gespräch damals wieder ein. Unbekannterweise hoffe ich aber zumindest, dass er sich über Laroches großen Sieg und seinen daraus resultierenden Wettgewinn gefreut hat. Schön wäre es außerdem, wenn dieser nette Mensch vielleicht doch nicht dauerhaft auf der gefühlten Verliererseite des Lebens gestanden hat, sondern immer wieder, ob nun beim Pferderennen oder anderswo, Grund zur Freude hatte.

Und wer weiß – vielleicht hat er im folgenden Jahr ja auch im Derby den Sieger des ehemaligen Herold-Preises auf seiner Dresdner Bahn gespielt. Falls ja, hätte er damit den zweiten Derby-Sieger in ebenso vielen Jahren getroffen, denn auch All My Dreams gewann vor seinem Hamburger Triumph zunächst in Dresden.

Das allerdings, die Geschichte von All My Dreams, ist ein Thema für einen anderen Beitrag und Tag… 

Samstag, 7. Mai 2011

Vor 22 Jahren: Seifige Rivalen und ein Pferd namens Samurai

Am vergangenen Wochenende haben wir uns quasi als Überbrückung zwischen den Renntagen in Mülheim und Düsseldorf ein "Mini-Westbahnen-Forumstreffen" in rein weiblicher Besetzung bei mir zu Hause gegönnt, lecker gekocht, den Mai mit Frizzante begrüßt und uns einfach einen schönen Abend (bis ziemlich spät... früh... in die Nacht hinein) gemacht. Ein Programmpunkt dabei war die Initiation der jüngsten Anwesenden in die Kultserie des deutschen Galopprennsports, von der sie (dank TV-Übertragung aus Hoppegarten und Co.) bislang nur die Titelmelodie kannte. Extra zu diesem Zweck hatte ich die DVD-Ausgabe der Serie besorgt, von der nur eine einzige Staffel produziert wurde, die aber damals - vor immerhin schon 22 Jahren - in (fast) aller Munde war. Sie lief auf dem ehemaligen Sendeplatz der Schwarzwaldklinik und zog - Seichtheit und manchmal eher minder spannende Drehbücher hin oder her - für eine Weile enorm viel neues Publikum auf die deutschen Rennbahnen. 




Inzwischen habe ich mir die gesamte Serie auch als Gegengewicht zu einer Menge Korrekturkram noch einmal angesehen, musste über viele Dinge einfach nur schmunzeln und habe ansonsten fleißig "Jockeys-von-früher-Spotting" betrieben. Also geht es in diesem kleinen Erinnerungsbericht ausnahmsweise nicht um ein Pferd, auch nicht um einen Jockey, Trainer oder ein berühmtes Rennen, sondern zur Abwechslung um einen Meilenstein der deutschen Fernsehgeschichte - die Fernsehserie "Rivalen der Rennbahn", die vor 22 Jahren im ZDF ausgestrahlt wurde.




Es war einmal vor 22 Jahren

Heute geht es um den Rückblick auf ein Phänomen, das vor nunmehr zweiundzwanzig Jahren den Galopprennsport in die Schlagzeilen brachte und mit „Black Type“ ganz anderer Art dafür sorgte, dass zahlreiche Neugierige erstmals eine Rennbahn besuchten. Wer weiß – der eine oder andere Neueinsteiger von damals mag auch heute noch dabei sein, denn sind Sympathien erst einmal geweckt, können sie bei entsprechender Pflege sehr nachhaltig sein.

Wer waren nun diese Sympathieträger? Sie nannten sich „Rivalen“, und es war vor allem ein Vierbeiner namens Mazzoni, der über mehrere Jahre alle Blicke auf sich zog, egal wo er auf Deutschlands Rennbahnen auftauchte. Jener 1984 von Michael Becher und Johann Th. Pavenstedt gezogene Mazzoni entstammte zwar einer später durchaus prominenten Mutter namens Mole, aber anders als sein zwei Jahre jüngerer Bruder Mondrian hatte er nicht unbedingt herausragendes rennsportliches Talent mitbekommen. Fünf Siege gelangen ihm zwar in seiner immerhin acht Jahre währenden Rennbahnkarriere, doch war dies auf kleineren Bahnen wie jener von Bad Harzburg sowie seinem Lieblingsgeläuf in Herxheim der Fall, und ein Maximal-GAG von 60 blieb das Höchste der Gefühle. Mit den Leistungen seiner bevorzugt von Surumu stammenden Halbgeschwister Modigliani, Molto Bene, Masolino, Molto in Forma – und besonders natürlich Mondrian – konnte er sich aber nur bedingt messen.

Ein Star wurde der Alias Smith-Sohn Mazzoni dennoch, denn in der im Frühjahr 1989 ausgestrahlten ZDF-Fernsehserie „Rivalen der Rennbahn“ spielte er einen Hengst mit dem Namen Samurai, den bald eine ganze Generation von weiblichen Teenagern (und gerüchteweise auch andere Zuschauer!) anhimmelte. Alle wollten nun Samurai sehen, und so pilgerten sie eben zur Rennbahn, wo die Popularität der Geschichten um Ex-Jockey und Neu-Trainer Christian Adler, den fiesen Klaus-Otto Gruber, dessen intrigante Ehefrau Silvia mit einer Vorliebe für Mode in schwarz-rotem Leder und das nett-naive Stallmädchen Margit für PR-Zwecke optimal genutzt wurde.

In bester Manier dessen, was man heute eine Soap Opera nennt, lieferten die Rivalen der Rennbahn dem damals noch nicht von einer nahezu unübersichtlichen Auswahl an Kabel-, Satelliten- und Digitalkanälen „verwöhnten“ deutschen Fernsehpublikum ab dem 30. März 1989 elf Wochen lang Intrigen, Herzschmerz, Spannung, Dramatik – und vor allem jede Menge Rennsport. Die Grundidee der Serie ist rasch nacherzählt: Der erfolgreiche Jockey Christian Adler, dessen Ehe bereits in Gefahr ist, weil er den Versuchungen der reichen Silvia Gruber partout nicht widerstehen kann, verweigert sich der Teilnahme an einem von deren skrupellosem Ehemann angezettelten Wettbetrug. Damit ist sogleich eine Tatsache klar: Der von Thomas Fritsch gespielte Christian Adler ist einer von den „Guten“ – und als er wenig später in einem Rennen folgenschwer verunglückt, nur um Haaresbreite einer Querschnittlähmung entgeht und den Jockeyberuf schweren Herzens aufgeben muss, leidet das gesamte Publikum mit ihm.

In den sich anschließenden Folgen können die Zuschauer Christian Adler auf dem oft mühsamen Weg in eine neue Zukunft als Rennstalleiter/Trainer begleiten. Und die Serie lässt wahrlich nichts Aufregendes aus: Da gibt es erste Erfolge, helfende Hände, romantische Momente mit einer neuen Liebe, die ihm auch prompt ihre Pferde überstellt, aber auch Verschwörung und Enttäuschungen, da taucht ein zwielichtiger Bruder auf, ein Stall brennt nieder, die Pferde werden erst in letzter Sekunde gerettet, alte Liebe erwacht zögernd neu, um gleich wieder in Eifersucht zu ersticken, da feiern Adel und Neureiche, lästern übereinander und schließen Zweckallianzen oder Verschwörungsbündnisse, da gehen Stallmädchen, Trainer und Jockeys ihrem oft harten und nicht ungefährlichen Beruf nach, da wird (versehentlich) gedopt und gewettet, auf Auktionen teuer eingekauft, und immer wieder laufen in berauschenden Bildern, die die ganze Schönheit des Galopprennsports unterstreichen, Pferde vor einem sie enthusiastisch anfeuernden Publikum gegeneinander. Inmitten all des Trubels ist es aber vor allem die enge Beziehung zwischen Christian Adler und Samurai, die das Leitmotiv der Serie – Hoffnung und Glaube an den Underdog bei Mensch und Tier – symbolisiert... eine Botschaft, die bei den Fernsehzuschauern offenbar gut ankam.


Einmal pro Woche von März bis Mai 1989 liefen die inzwischen mehrfach wiederholten Folgen der Serie im Fernsehen – eine optimale Terminierung, denn die Rennsaison kam gerade so richtig in Fahrt, als die Popularität der „Rivalen der Rennbahn“ ihren Höhepunkt erreichte. Und auch bei den nicht fiktionalen Galoppern gab es in jenem Jahr viel Beeindruckendes mitzuerleben – sei es (wie passend!) die vierfache Gruppe-I-Serie von Mazzonis Halbruder Mondrian, die in seinem Derby-Triumph gipfelte, seien es die tollen Rennen von Turfkönig oder Filia Ardross oder Deutschlands absoluter Hindernis-König Oldtimer, der bei sage und schreibe acht Rennen ungeschlagen blieb... Auf Deutschlands Rennbahnen brummte es plötzlich wieder. Und daran hatten die Rivalen der Rennbahn durchaus ihren Anteil, so dass es auch nicht sehr verwunderte, als der Galopp Club Deutschland seine begehrte Auszeichnung GCD-Turfpersönlichkeit des Jahres 1989 ausnahmsweise nicht an einen Menschen, sondern an eine Fernsehserie verlieh.

Die Begeisterung jenes Jahres war so gewaltig, dass der Erfolg selbst dem SPIEGEL einen – natürlich süffisant zynischen – Artikel wert war, in dem der „Tele-Gaul ‚Samuraj’“, mit dem der Schreiber sonst wenig freundlich ins Gericht ging, immerhin flott zum Goldesel erklärt wurde. Kritikpunkte wurden gesucht und selbstredend gefunden – sei es nun in der das Publikum offenbar kaum störenden Wahrnehmung, dass „die seichten Stückchen zwischen Bahn und Bett, Stall und Salon eher träge dahinplätschern, Dialoge von schlichter Rede sind“, oder, was wesentlich schwerer wog, in Vorwürfen der Tierquälerei bei auf der Weidenpescher Rennbahn gedrehten Stuntszenen eines Sturzes mitten im vollen Renngalopp. War tatsächlich, wie vermutet, Schmierseife im Spiel? Lästermäuler urteilten, dass dies immerhin zum Charakter der Serie als Seifenoper passen würde.


Der Begeisterung tat dies jedoch keinen Abbruch. Immer wieder wurden in den Folgejahren Rufe nach einer – wohl ursprünglich auch fest eingeplanten – Fortsetzung der Serie laut. Als sich dieses Vorhaben aber mit verstreichender Zeit als unrealistisch erwies, wurden auch Vorwürfe gegen das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen erhoben, man habe eine erstklassige Chance zur weiteren Popularitätsförderung einfach fahrlässig verstreichen lassen. Die Antwort von Pressesprecher Peter Brauer war deutlich formuliert und bietet nebenbei auch heute – obwohl inzwischen schon wieder einige Jahre ins Land gezogen sind – noch einen spannenden Blick hinter die Kulissen von Fernsehen und PR-Aktivitäten der Galopperwelt.


Und was wurde nun aus Mazzoni (alias Samurai), nachdem die Rivalen nach nur einer Saison von der Rennbahn galoppiert waren? Nun, als Sechsjähriger, im Jahr nach der Ausstrahlung der Heldentaten seines Alter Ego Samurai, erlebte er mit zwei Siegen seine beste Saison und gewann das Goldene Tabakblatt von Herxheim. Bis 1993 konnte man ihn – inzwischen neunjährig – am Start erleben, auch wenn der alte Ruhm des Pferdes, das seit Anfang 1988 in den Farben des Schauspielers Thomas Fritsch und der für „Rivalen der Rennbahn“ verantwortlichen Produktionsgesellschaft lief, mehr und mehr verblasste. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn ging der Wallach, an dem zuletzt auch sein Trainer Robert Becker beteiligt gewesen war, in Privatbesitz über, lernte Dressur und verbrachte nach allen verfügbaren Informationen schließlich als „Rentner“ wohlverdiente Zeit auf der Koppel. Ob Mazzoni, der immerhin inzwischen siebenundzwanzig Jahre alt wäre, heute noch lebt, konnte ich mangels aktueller Daten nicht herausfinden.

Es ist wieder früh in der Saison, überall wird angefeuert durch neue Medienaktivitäten und scheinbar wachsende Besucherzahlen in den vergangenen Wochen von Aufbrüchen und Veränderungen gesprochen, und da kann man vielleicht auch ein wenig träumen und wilde Entwürfe machen...

Was wäre, wenn die Rivalen heute, unter sicher ganz anderen Bedingungen, wieder auf die Rennbahn zurückkehren würden? Welche Geschichten könnte man noch zusätzlich oder wieder neu erzählen? Wen würde das inzwischen an ganz andere Seherfahrungen gewöhnte deutsche Fernsehpublikum in einer Neuauflage der Sendung gerne erleben? Was müsste geschehen, um spannende Rennbahn-Geschichten zeitgemäß neu zu erzählen? Oder ist Fernsehen heute gar nicht mehr das unumschränkt einflussreiche und Meinungen prägende Medium, das es 1989 noch eher war? Müsste der Rennsport vielleicht auf ganz andere Mittel der medialen Popularitätssteigerung setzen?


Viele Fragen, die aus leicht seifigen Erinnerungen erwachsen können... Was bleibt sind ein musikalischer Ohrwurm und ein DVD-Set, mit dem man einige amüsant-nostalgische Stunden vor dem Fernseher verbringen kann.