Lange wird es nun nicht mehr dauern, bis am 27. Juli 2012 in
London die XXX. Olympischen Sommerspiele beginnen. Da erscheint es irgendwie in
der manchmal amüsant passenden Zufälligkeit des Lebens interessant, dass
ausgerechnet an dem Tag, an dem Lanfranco Dettori die Olympische Fackel auf dem
Rücken eines Pferdes nach Ascot trug, via German Racings Facebook-Präsenz ein
ziemlich genau vierzig Jahre altes Privat-Video auftauchte. Es wurde einst auf
der Münchener Rennbahn gedreht und dokumentiert den „Olympia-Preis“.
Doch Dabeisein war damals ganz sicher nicht alles,
denn es handelte sich bei diesem am 7. September 1972 ausgetragenen internationalen
Pferderennen immerhin um das hochkarätige Hauptereignis des Renntages. Der Name
„Olympia-Preis“ kam natürlich nicht von ungefähr, denn schließlich war die
Stadt München im September vor vierzig Jahren gerade Veranstalter der XX.
Olympischen Sommerspiele, die nach anderthalb sportlichen Wochen bereits langsam
in die Zielgerade einbogen. Was lag da näher als auch ein in München
ausgetragenes Galopprennen entsprechend zu benennen?
Die "heiteren Spiele" von München 1972 - hier als Briefmarke |
Es war natürlich auch nicht irgendein Ausgleich IV, der mit
diesem verpflichtenden sportlichen Titel dekoriert wurde, sondern ein
ausgesprochen hoch dotiertes Rennen mit dem Zusatz „International“. Insgesamt
250.000 DM an Preisgeldern hatte der Rennverein für den Sieger und die
Platzierten über die klassische 2400m-Strecke ausgelobt – nur unwesentlich
weniger Geld als im zwei Monate zuvor in Hamburg ausgetragenen Deutschen Derby.
Kein Wunder also, dass der Olympia-Preis 1972 ausgezeichnet besetzt war. Nicht
nur der amtierende Derbysieger Tarim aus dem Besitz von Ferdi Ostermann war
anwesend. Nein, neben dem späteren Ersten im Preis von Europa 1972, dem
Röttgener Prince Ippi, und zwei englischen Gästen begab sich vor allem der
erklärte Rennbahnliebling jener Tage, der inzwischen fünfjährige
Schlenderhaner Fuchshengst Lombard, an den Start.
Galopprennbahn Riem - Austragungsort des Olympia-Preises 1972 |
Es war also alles angerichtet für einen großen Renntag. Die
Filmsequenzen verraten, dass die Rennbahn in Riem an jenem Tag offenbar
ausgezeichnet besucht war. Auch der Hobbyfilmer, dem wir diese kostbaren
bewegten Bilder aus der Vergangenheit verdanken, gab sich viel Mühe mit seinen Aufnahmen, die einer
klaren Dramaturgie folgen, und vertonte sein Werk anschließend noch liebevoll
mit dem „Rondo alla Turca“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Die so entstandene
Heiterkeit überträgt sich auch heute, vierzig Jahre später, noch scheinbar mühelos
auf den Betrachter. Sie täuscht aber – dies muss am Rande auf jeden Fall
erwähnt werden – darüber hinweg, dass gar nicht so weit von der Riemer Rennbahn
entfernt die namengebenden Olympioniken Trauer trugen, denn nur zwei Tage zuvor
war es zu der schrecklichen terroristischen Geiselnahme gekommen, in deren Folge
insgesamt siebzehn Menschen starben. Dass die so genannten „heiteren Spiele“
von München 1972 längst nicht mehr heiter waren, auch wenn sie weitergeführt
wurden, verrät das private Renntag-Video nicht. Auf der Rennbahn schien die
sportliche Welt an jenem 7. September 1972 voll und ganz in Ordnung zu sein.
Ohnehin stand hier ja der Galopprennsport – keine olympische
Disziplin, weder damals, noch heute – im Mittelpunkt. Und so kann der
Betrachter zunächst das Gelände der Rennbahn mit Absattelring, Waagegebäude und
Tribüne kennenlernen, ehe der erste Star erscheint. Es handelt sich allerdings
um einen zweibeinigen Helden der Rennbahn, doch stand dieser in den frühen
1970er Jahren dem vierbeinigen Liebling Lombard sicher um nichts nach, denn
Jockey Fritz Drechsler genoss ungeheure Popularität. Die Aufnahmen lassen
ahnen, dass sein charmantes Auftreten, sein freundliches Lächeln und seine
entspannte Extrovertierheit wohl großen Anteil an dieser Beliebtheit gehabt
haben dürften.
Zum Einstimmen bekommt der Zuschauer noch ein früheres
Rennen vor dem eigentlichen Hauptereignis geboten, und es kann sich nach Anzahl
der teilnehmenden Pferde und Zieleinlauf eigentlich nur um das dritte Rennen
der Tageskarte, eine Konkurrenz für die Zweijährigen, handeln. Die
teilnehmenden Jockeys huschen blitzschnell durchs Bild, und man erkennt den
selbst für einen Jockey sehr klein gewachsenen Erwin Schindler, Peter Alafi und
Peter Remmert. Das bekannteste Gesicht trägt aber – für deutsche Augen ganz
ungewohnt – den Renndress des Gestüts Röttgen. Es handelt sich um niemand
Geringeren als Lester Piggott, der an jenem Tag gleich mehrere Ritte in der
bayrischen Landeshauptstadt wahrnahm. Später gelang ihm in den Röttgener Farben
auch noch ein Volltreffer mit Sparkler im zweiten Hauptereignis, dem Großen
Internationalen Preis der Spielbank Bad Wiessee, doch in der im Film
festgehaltenen Zweijährigenprüfung hatte er mit der Entscheidung nichts zu tun.
Der von ihm gelenkte Röttgener Stradivari spielte hier noch nicht die erste
Geige. Er wurde nur Vorletzter, während Otto Gervai vorne mit einer dreiviertel
Länge vor dem Erlenhofer Supervisor einen Heimsieg auf Hubertus Liebrechts
Andiamo holte.
Am 7. September 1972 zu Gast in Riem: Lester Piggott |
Dann aber wird es Zeit für den Olympia-Preis, und die
Vorbereitungen dieses Rennens werden in aller Ausführlichkeit und aus
verschiedenen interessanten Blickwinkeln gezeigt. Beeindruckend ist dabei ganz
am Rande, wie dicht der Führring vom Publikum umlagert ist. Es wird gesattelt,
und ein markanter Fuchs mit vier weißen Beinen, vermutlich der dreijährige
Hengst Germanist, trägt mit seinem Zweibeiner eine kurze Meinungsverschiedenheit
zum Thema Laufrichtung im Führring aus. Derweil wirkt die vierbeinige Konkurrenz
– mal aus der Nähe, mal von weiter entfernt aufgenommen – zwar munter, dreht aber
ansonsten sehr fügsam ihre Runden um den Führring, während die natürlich in
hellblau-weiße Dirndl gewandeten Hostessen irgendetwas Wichtiges miteinander
diskutieren.
Schon vor dem Start, als die Pferde Richtung Geläuf geführt
werden, hat die Kamera des unbekannten Rennbahnbesuchers vor allem für ein
Pferd Augen. Es ist ein Fuchs, und die Rennfarben lassen es sofort erkennen:
Hier kommt einer der beiden Schlenderhaner im Feld. Die Satteldecke mit der
Nummer 1 macht auch deutlich, dass es sich nicht etwa um den dreijährigen
Schiwago handelt, sondern um seinen zwei Jahre älteren und ungleich berühmteren
Stallgefährten Lombard. Natürlich – Lombard! Die breite weiße Blesse machte ihn
für die Zeitgenossen leicht erkennbar. Und auch die Menschen der 1970er Jahre
hielten offenbar besondere Begegnungen schon gerne im Bild fest. Wo heute
schnell das Handy für einen digitalen Schnappschuss gezückt würde, mussten 1972
noch Polaroidkameras ihren Dienst tun. Und so wird der berühmte Lombard auf dem
kurzen filmisch festgehaltenen Wegstück hin zum Geläuf gleich dreimal geknipst. Ein Star eben!
Lombard und sein Jockey Fritz Drechsler |
Verständlich irgendwie, denn dieses fantastische Rennpferd
war 1972 wohl auf dem Zenit seines Könnens angekommen und hatte bis dahin nicht
weniger als sechs Siege auf sein Saisonkonto bringen können. Früh – und natürlich
bereits siegfertig – war er am 9. April 1972 in Dortmund ins Rennjahr
gestartet, um sich dann einen Monat später mit vier Längen Vorsprung den
Gerling-Preis zu sichern. Zwei Wochen danach folgte in Düsseldorf ein
Gruppe-II-Treffer auf seiner Paradestrecke von 2400 Metern, um dann am Tag vor
dem Derby, dem 1. Juli 1972, auch den Hansa-Preis mit einem beeindruckenden
Vorsprung von 5½ Längen zu gewinnen. Drei Wochen später siegte Lombard zudem auf
Gruppe-I-Ebene in Düsseldorf und lief dann auch in Baden-Baden mit dem
Spreti-Rennen davon. Sechs Starts – sechs Siege: Lombard war in jener Saison
zu keiner Zeit irgendein Konkurrent bedrohlich geworden. Kein Zweifel – er war
vollkommen zu Recht der vierbeinige Star dieses Olympia-Renntags.
Konnte ihn überhaupt ein anderes Pferd gefährden? War
Lombard, der zu Odds von 17:10 in klarer Favoritenstellung in die Startboxen
einrückte, überhaupt zu schlagen? Am ehesten traute das Münchener
Rennbahnpublikum einen solchen Favoritensturz wohl noch einem Pferd zu, das auf
dem Weg zum Geläuf hinter dem Schlenderhaner folgte – Tarim war es, der
aktuelle Derbysieger des Jahres 1972, der nun erstmals mit dem großen Lombard
die Klingen kreuzte. Optisch hätte der schwarzbraune Hengst aus dem Besitz von
Ferdi Ostermann seinem zwei Jahre älteren Gegner wohl kaum weniger ähnlich
sehen können. Hier der muskulöse Fuchs mit der breiten weißen Blesse, dort der
traumhaft schöne, beinahe schwarze und hellwache Hengst in den Farben, die
heute für das Gestüt Ittlingen stehen. Es war also alles angerichtet für das
große Duell.
Auch in den Filmsequenzen spürt man als Betrachter förmlich
die knisternde Spannung und die Neugier des zum Geläuf strömenden Publikums.
Aufgalopp – Tarim huscht durchs Bild, und dann wartet alles gebannt auf den
Start!
Zweimal passiert das Feld des Olympia-Preises den unbekannten Mann mit der Kamera direkt vor dem Zielspiegel, und gleich beim
ersten Mal ist Lombard vorne. So, das lässt sich unter anderem aus den in
Buchform festgehaltenen Erinnerungen von Jockey Fritz Drechsler entnehmen, lief
und gewann Lombard seine Rennen am liebsten. „Als die Boxen geöffnet wurden,
übernahm ich mit dem Hengst sofort die Spitze, forcierte das Tempo und hatte
vor den Tribünen meinen Vorsprung auf mehr als zehn Längen ausgebaut“, so
schreibt Drechsler auf S. 137 von „So gut waren meine Pferde. Ein Leben
zwischen Stall und Rennbahn“.
Jockey Fritz Drechsler |
Der Film lässt den Abstand von Lombard zu seinen Verfolgern
eher wie fünf, vielleicht sechs Längen aussehen, aber wie dem auch sei: Der
Schlenderhaner geht erkennbar gut, während sein vermeintlich größter Konkurrent
Tarim, der als Dreijähriger immerhin verlockende fünf Kilo weniger an Gewicht
zu schleppen hatte als Lombard, noch irgendwo im Mittelfeld mitläuft. Dann
springt der Film rasant und lässt fast den gesamten Rennverlauf aus, um sofort
den Zieleinlauf festzuhalten. Und siehe da – Lombard ist weiterhin vorne. Und wie! Tarim
greift zwar unter dem energisch reitenden Lester Piggott noch an, aber mühelos kann
Lombard sich vorne weiter vom Feld lösen und bringt es im Ziel auf einen überlegenen
Vorsprung von drei Längen, während dem frischen Derbysieger nur der zweite
Platz vor der französischen Stute Rocaille bleibt.
Es war eine Demonstration sondergleichen – Lombards siebter
Saisonsieg bei ebenso vielen Starts und zugleich der Treffer, der seine
Gewinnsumme über die damals für ein deutsches Rennpferd noch kaum erreichbare
Millionengrenze bugsierte. So schreibt Lombards Jockey Fritz Drechsler dann
auch in seinem Buch immer wieder besonders liebevoll und bewundernd über den
großen Schlenderhaner. „Alle liebten Lombard“, so lautet das Eröffnungskapitel
des Buches, und nicht nur an dieser anrührend geschilderten Begegnung eines
reichlich nervösen Jockeys mit seinem Paradepferd in der Nacht vor einem großen
Rennen wird deutlich, dass gerade Fritz Drechsler Lombard heiß und innig liebte
und verehrte. So bezeichnete er dann auch den Olympia-Preis vom 7. September
1972 als eine seiner schönsten Erinnerungen an die vielen Erfolge, die er im
Rennsattel errungen hat, und das veröffentlichte Foto von der Siegerehrung
jenes Rennens – angemessen bayrisch mit einem von einem Pferd gekrönten
silbernen Riesenhumpen – hat ebenfalls seinen Weg in das Buch gefunden.
Lesenswert! Fritz Drechslers Buch "So gut waren meine Pferde" |
Der Olympia-Preis, so viel lässt sich sicher sagen, muss für
den Schlenderhaner Stalljockey auf der Rennbahn, auf der seine reiterliche
Laufbahn einst begonnen hatte, ein ganz besonderes Erlebnis gewesen sein. Und
so sieht man ihn auch im Film strahlen, als sein Pferd nach dem Rennen durch
die begeistert klatschende Menschenmenge zurück zum Absattelring geführt wird.
Trainer Heinz Jentzsch, unter dessen Obhut Lombard so meisterlich auf seine
Renneinsätze vorbereitet wurde, wird dann die Ehre zuteil, den riesenhaften Siegerpreis
nach der Siegerkür schleppen zu dürfen.
Abschließend betreibt der Filmemacher noch ein wenig Prominentenschau und konzentriert sich dabei ganz auf den anderen großen Trainer aus dem Westen Deutschlands, Hein Bollow, der zwar an jenem Tag in München nichts gewann, aber augenscheinlich auch so beste Laune hatte. Und dann war da ja auch noch der Außenminister Walter Scheel, damals häufiger Gast auf den deutschen Rennbahnen, dessen Erscheinen das kurze Filmchen vom Olympia-Preis 1972 beschließt.
Abschließend betreibt der Filmemacher noch ein wenig Prominentenschau und konzentriert sich dabei ganz auf den anderen großen Trainer aus dem Westen Deutschlands, Hein Bollow, der zwar an jenem Tag in München nichts gewann, aber augenscheinlich auch so beste Laune hatte. Und dann war da ja auch noch der Außenminister Walter Scheel, damals häufiger Gast auf den deutschen Rennbahnen, dessen Erscheinen das kurze Filmchen vom Olympia-Preis 1972 beschließt.
Und was wurde aus den vierbeinigen Protagonisten des Renntages
in ihrer weiteren Karriere?
Nun, Lombard hatte für die Saison wahrlich genug geleistet.
Nach dem Münchener Rennen ging er in die Winterpause und wurde – wie hätte es
auch anders sein sollen? – am Jahresende zum zweiten Mal als Galopper des Jahres
ausgezeichnet. Auch sechsjährig kam Lombard 1973 wieder an den Start, aber
möglicherweise war er über den Zenit seines läuferischen Könnens bereits
hinaus, und so folgte zwar auf eine deutliche Niederlage in Frankreich noch ein
letzter deutscher Sieg in Düsseldorf, aber die alte Überlegenheit, mit der
Lombard vor allem als Fünfjähriger seine Gegnerschaft dominiert hatte, schien
nicht mehr abrufbar. Was lag also näher als seine hocherfolgreiche
Rennlaufbahn für beendet zu erklären und den Hengst in einem Gestüt
aufzustellen?
Wer jedoch erwartet hatte, dass Lombard in Deutschland als
Deckhengst wirken würde, sah sich durch die Entscheidung überrascht, das
Lieblingspferd so vieler deutscher Rennbahnbesucher nach Großbritannien zu
geben, wo er für mehrere Jahre in insgesamt drei verschiedenen Gestüten deckte.
Erst 1982 kehrte der inzwischen fünfzehnjährige Lombard wieder nach Deutschland
zurück, wurde zunächst im Gestüt Harzburg aufgestellt und fand schließlich
wieder den Weg heim nach Schlenderhan, wo er 1967 als Fohlen das Licht der
Welt erblickt hatte.
Späte Heimkehr ins Gestüt Schlenderhan |
Sein letzter Jahrgang wurde 1988 geboren, doch bereits in
den Jahren zuvor waren recht viele der Lombard zugeführten Stuten güst
geblieben. Allgemein gelang es Lombard bedauerlicherweise zunächst nicht, sich in der
Zucht ebenso eindrucksvoll in Szene zu setzen wie er dies als Rennpferd getan
hatte. Anno, Alya, Shepard, Blue Moon, Bonität, Index, Apollonios – sie alle
führen Lombard als Vater in ihrem Pedigree und waren auf der Rennbahn
überdurchschnittlich talentiert, aber die ganz großen Erfolge blieben ihnen letztlich verwehrt. Doch noch war züchterisch nicht das letzte Wort gesprochen, denn vor allem Lombards Tochter Allegretta legte am Ende Ehre für den Schlenderhaner Hengst ein. Sie fohlte unter anderem
Urban Sea, Allez les Trois, Turbaine sowie King’s Best und ist zweite Mutter zu
solch herausragenden Pferden wie Galileo und Sea the Stars. In ihnen und ihren
Nachkommen steckt also immer noch ein wenig Erbmaterial des 1994 im Alter von
27 Jahren an Herzversagen eingegangenen Lombard.
Lombard im Pedigree: Urban Sea |
In der aktuellen Schlenderhaner Zucht hingegen spielt Lombard zumindest im Hinblick auf die Stutenherde nur noch eine
untergeordnete Rolle. Atanua ist noch dabei, die bei einem einzigen
Rennbahnstart 2009 gleich gewinnen konnte, in der Zucht aber noch nicht zu
beurteilen ist. Dann gibt es da noch Tucana als Tochter der Turbaine, die
bereits solch talentierte Pferde wie Titurel und Tahini brachte. Vor allem Adlerflug aber als
noch junger Deckhengst, dessen Nachkommen bislang keine Rennbahn gesehen haben, führt ebenfalls Lombard im Pedigree. So ganz
verschwunden ist „der galoppierende Millionär“ also in der deutschen und
internationalen Vollblutzucht zum Glück noch nicht. Und wer ganz aktuell –
wenn auch auf einem ganz anderen Niveau als dem, auf welchem dieser sich einst bewegte –
einem Lombard-Nachkommen die Daumen drücken möchte, kann sich am Sonntag das
letzte Rennen der Bad Harzburger Karte anschauen. Der Stammbaum von Brianna aus
dem Stall von Werner Heinz geht mütterlicherseits nämlich ebenfalls auf Lombard
zurück.
Und der Unterlegene des Olympia-Preises 1972, der
Derbysieger des Jahres 1972? Nun, anders als Lombard entpuppte sich Tarim in
der Folge nicht unbedingt als Siegertyp, sondern als Pferd, das in großen
Rennen in Deutschland und Frankreich in die Platzierung laufen konnte, jedoch
meist ohne dabei eine echte Siegchance zu haben. So blieb der Derbyerfolg sein
größter Triumph, ehe er ebenfalls aufgestellt wurde. Seine ersten Fohlen kamen
1975 auf die Welt, doch blieb sein Erfolg in der Zucht geringer als bei Lombard
– mit einer berühmten Ausnahme, denn 1985 kam die Tarim-Tochter
Britannia auf die Welt, die unter anderem Zweite im Preis der Diana war, aber
vor allem das St. Leger und das Oleander-Rennen für sich entscheiden konnte.
Außerdem fohlte sie später die großartige Borgia und den Derbysieger Boreal.
Tarim im Pedigree: Borgia |
Mein ganz persönlicher Favorit unter den Nachkommen von
Tarim war aber ein Pferd, das nicht die vergleichbare Klasse seines Vaters oder
dessen berühmtester Kinder hatte, mich dafür aber über viele Jahre hinweg
während meiner Kindheit und Jugend auf den Rennbahnen im Ruhrgebiet begleitete:
Kai – ein wunderbares Pferd mit einem schlichten Namen, das ich sehr verehrt habe. Manchmal sind es eben
die Kleinen, nicht die galoppierenden Millionäre, die es mir, und vermutlich
auch anderen Rennbahnbesuchern ganz besonders angetan haben. Nicht immer geht
es nämlich nur um Siegesserien, wie sie Lombard einst auf dem grünen Rasen zur
Begeisterung des Publikums zelebrierte. Manchmal ist – ganz olympisch – schon Dabeisein
eine Menge wert.